Voller Werbungskostenabzug auch bei lockdownbedingter Mietminderung möglich
Die Auswirkungen der Coronakrise ziehen sich im Dominoeffekt nach und nach durch alle Bereiche. Auch Vermieter von Privat- und Gewerbeimmobilien spüren mittlerweile die Not ihrer Mieter, die durch ausbleibende Einnahmen die Mieten nicht mehr zahlen können und zeigen vielerorts Entgegenkommen. Doch dabei tut sich unter Umständen ein steuerliches Problem auf. „Denn entspricht die Miete nicht mindestens 50 % des Ortsüblichen, kürzt der Fiskus normalerweise den Werbungskostenabzug anteilig. Bei coronabedingten Mietminderungen gilt das jedoch nichtt“, erklärt Rechtsanwalt und Steuerberater Dietrich Loll, Leiter der ETL SteuerRecht Berlin.
Der Lockdown der Bundesregierung macht nicht nur Friseuren, Gastronomen, Hotels und dem Einzelhandel sehr zu schaffen, sondern auch privaten Mietern, die bereits ihren Job verloren haben. Aber auch für Vermieter von Gewerbe- und Wohnimmobilien wird es schwierig. Denn wenn ihre Mieter keine Einnahmen erzielen, können viele von ihnen auch die Miete nicht mehr oder zumindest nicht in der vereinbarten Höhe bezahlen. Helfen kann hier eine Mietstundung oder gar ein Mieterlass, der kürzlich sogar durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden im Falle eines Gewerbemietverhältnisses angeordnet wurde.
Doch wie wirkt sich so ein erzwungenes oder auch freiwilliges Entgegenkommen des Vermieters steuerlich aus? Schließlich gilt für Wohnimmobilien seit langem, dass diese zumindest zu einer ortsüblichen Vergleichsmiete vermietet werden müssen. Und auch bei Gewerbeimmobilien und der Vermietung von Ferienwohnungen schaut der Fiskus bei Leerstand und Verlusten ganz genau hin.
„Wer zu billig vermietet, dem wird der Werbungskostenabzug anteilig gekürzt. Das führt dazu, dass trotz einer geringen Mieteinnahme noch Gewinne zu versteuern sind, die wirtschaftlich gar nicht entstanden sind“, warnt Rechtsanwalt und Steuerberater Dietrich Loll. „Dass das natürlich nicht richtig sein kann, hat nun auch der Gesetzgeber erkannt.“
Die maßgebliche Schwelle, bei der die Werbungskosten bei der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anteilig gekürzt werden, wurde daher seit Jahresanfang von 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete auf 50 % herabgesenkt. Das bedeutet: Vermieter privater Immobilien können ihre Werbungskosten künftig auch dann in vollem Umfang abziehen, wenn das Entgelt mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Einzige Einschränkung: Liegt die Miete zwischen 50 % und 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete, muss mithilfe einer Totalüberschussprognose über einen Zeitraum von 30 Jahren zusätzlich nachgewiesen werden, dass überhaupt eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt. Für die Vermietung von Gewerbeimmobilien ist zwar keine Kürzung der Werbungskosten vorgesehen. Aber im Verlustfall, insbesondere aufgrund eines längeren Leerstands, muss auch hier grundsätzlich die Einkunftserzielungsabsicht durch eine Totalüberschussprognose nachgewiesen werden.
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat nun für Vermieter von Mietwohnungen Entwarnung gegeben. Coronabedingte Mieterlasse sind weder bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete bzw. der Begrenzung des Werbungskostenabzugs noch bei der Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass so getan werden kann, als hätte es den Mieterlass nicht gegeben.
„Wurden Mietstundungen oder -erlasse vereinbart, sollten Vermieter keinesfalls zögern, ihr zuständiges Finanzamt hiervon zu unterrichten und gegebenenfalls die eigenen Steuervorauszahlungen nach unten anpassen lassen“, empfiehlt Rechtsanwalt und Steuerberater Dietrich Loll.