Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Erkrankt ein Arbeitnehmer an einem Arbeitstag, hat er unter bestimmten Voraussetzungen einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Unklar ist jedoch häufig, wie der fortzuzahlende Lohn zu berechnen ist und ob neben dem Grundlohn auch andere Entgeltbestandteile, insbesondere Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Grundlage der Lohnfortzahlung
Wird ein Arbeitnehmer unverschuldet durch Krankheit arbeitsunfähig, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Das bedeutet aber auch, dass Arbeitnehmer beispielsweise bei selbst verschuldeten Verkehrsunfällen durch Fahren unter Alkoholeinfluss den Anspruch auf Entgeltfortzahlung verlieren können.
Bei der Lohnfortzahlung während einer Krankheit gilt das sogenannte Lohnausfallprinzip. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer das Entgelt bekommen soll, welches zu zahlen wäre, wenn der Krankheitstag ein regulärer Arbeitstag gewesen wäre. Die Grundlage für die während einer Krankheit zu berücksichtigende Arbeitszeit ist der „ausgefallene“ Dienst. Würde der Arbeitnehmer also an einem Krankheitstag regulär acht Stunden arbeiten, so steht ihm auch für acht Stunden eine Lohnfortzahlung zu.
Tipp: Bei Fragen zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung wenden Sie sich gern an einen der Arbeitsrechtsspezialisten unserer ETL Rechtsanwälte.
Neuerungen bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Vor der Lohnfortzahlung steht aber zunächst die Krankmeldung. Seit dem 1. Januar 2023 ist das Meldeverfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) von gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern für Arbeitgeber verpflichtend. Gesetzlich besteht für Arbeitnehmer nur noch die Pflicht, dem Arbeitgeber (formlos) den Beginn und das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen.
Seit Januar 2025 werden bei der eAU weitere Tatbestände von den Krankenkassen elektronisch zurückgemeldet. Darunter unter anderem:
- Aufenthalt in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag besteht,
- das tatsächliche Entlassungsdatum aus einer Vorsorge- oder Rehabilitationsbehandlung,
- das tatsächliche Entlassungsdatum aus einer stationären Krankenhausbehandlung,
- privatärztlich oder von einem ausländischen Arzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit, wenn diese der Krankenkasse entsprechend nachgewiesen wurde.
Höhe des Entgelts während der Lohnfortzahlung
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf sein reguläres Entgelt. Dazu gehören der Grundlohn und alle regelmäßig zu zahlenden Entgeltbestandteile wie
- Gefahren- und Erschwerniszuschläge
- Provisionen
- vermögenswirksame Leistungen
- Sachbezüge
- geldwerte Vorteile
Wird der Arbeitslohn fortgezahlt, so ist er bei der Lohnsteuerberechnung und Beitragsberechnung wie laufender Arbeitslohn zu behandeln.
Vorsicht bei der Gewährung von Zuschlägen
Regelmäßig gezahlte Zuschläge für Arbeiten während der Nachtstunden, an Sonn- und Feiertagen sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Allerdings können diese nicht wie der regulär gezahlte Zuschlag steuer- und beitragsfrei bleiben. Steuerfreiheit kommt nur für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in Betracht. Gleiches gilt auch für die Sozialversicherung.
Beispiel: Die übliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers geht von Montag bis Freitag von 15:30 bis 24:00 Uhr. Hierin ist die gesetzliche Pausenzeit von 30 min enthalten. Vereinbart sind ein Bruttostundenlohn von 12,82 Euro sowie ein Nachtzuschlag für die Arbeiten zwischen 20:00 Uhr und 24:00 Uhr von 25 % pro Stunde.
Das Entgelt in einer üblichen Arbeitswoche beträgt somit 20 Stunden á 12,82 Euro + 20 Stunden á (12,82 Euro + 3,20 Euro) = 576,80 Euro; Das Steuer- und SV-Brutto beträgt 512,80 Euro (40 Stunden * 12,82 Euro). Wird der Arbeitnehmer in dieser Woche krank, steht ihm ebenfalls ein Bruttoentgelt von 576,80 Euro zu. Jedoch sind die vollen 576,80 Euro steuer- und beitragspflichtig.
Kann nicht festgestellt werden, wann der Arbeitnehmer während einer Krankheit konkret gearbeitet hätte, sind die Zuschläge gegebenenfalls als Durchschnitt der letzten drei Monate zu berücksichtigen. Bei Mini-Jobbern ist besondere Vorsicht geboten, denn die versicherungspflichtigen Zuschläge bei Entgeltfortzahlung müssen in die Berechnung der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze einbezogen werden.
Was tun bei Mehrfacherkrankungen?
Wird der Arbeitnehmer hintereinander wegen verschiedener Krankheiten arbeitsunfähig, so besteht für jede Krankheit ein Anspruch auf bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Führt allerdings dieselbe Krankheit innerhalb von zwölf Monaten wiederholt zur Arbeitsunfähigkeit, so werden die bisherigen Krankheitszeiten auf den Entgeltfortzahlungsanspruch angerechnet. Liegen zwischen zwei Arbeitsunfähigkeiten für dieselbe Krankheit jedoch mindestens sechs Monate, entsteht ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.
Ergibt sich nach Prüfung der Sechs-Monats-Frist, dass kein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, kann möglicherweise ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Zwölf-Monats-Frist begründet wird. Es besteht nämlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.