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Aufteilungsgebot auf dem Prüfstand

Kippt der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutschen Regelungen im Umsatzsteuerrecht?
Aufteilungsgebot auf dem Prüfstand
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27.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 01.07.2024

Aufteilungsgebot auf dem Prüfstand

Kippt der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutschen Regelungen im Umsatzsteuerrecht?

Wer beruflich oder privat in einem Hotel übernachtet, schläft dort normalerweise nicht nur, sondern nimmt auch Leistungen wie Frühstück, WLAN, Fitnessraum und Pool oder Parkplätze in Anspruch. In manchen Fällen sind diese Leistungen im Zimmerpreis mit enthalten; andere Hotels berechnen diese Leistungen separat. Für den Gast ist die unterschiedliche Handhabung als Leistungspaket oder Ausweis von Einzelleistungen kein Problem – solange der Preis für ihn stimmt.

Probleme tauchen erst auf, wenn man einen Blick ins deutsche Umsatzsteuergesetz riskiert. Denn bezüglich des anzuwendenden Steuersatzes enthält das deutsche Umsatzsteuerrecht ein Aufteilungsgebot. Dieses besagt, dass nur die reine Beherbergungsleistung dem ermäßigten Steuersatz von aktuell 7 Prozent unterliegt. Nebenleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, müssen mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent besteuert werden.

Schon mehrfach haben Hoteliers und Gäste dagegen geklagt. Der Bundesfinanzhof (BFH) war in seiner bisherigen Rechtsprechung jedoch der Ansicht, dass diese Regelung auch europarechtskonform ist, da das Aufteilungsgebot dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung vorgeht. Doch im Lichte der neuesten EU-Rechtsprechung ist sich der BFH jetzt nicht mehr so sicher und hat gleich drei Verfahren (XI R 11/23 – Parkplätze, XI R 13/23 – Frühstück und XI R 14/23 – Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie WLAN) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Ist das Aufteilungsgebot noch zeitgemäß?

Grundsätzlich teilt eine unselbständige Nebenleistung in Bezug auf den Umsatzsteuersatz das Schicksal der Hauptleistung. Davon hat der deutsche Gesetzgeber eine Ausnahme gemacht. Dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent unterliegt die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Dies gilt jedoch nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.

Beispielsweise soll laut Verwaltungsanweisung die Überlassung von Parkplätzen nicht ermäßigt zu besteuern sein. Als Teil der Beherbergungsleistung und damit ermäßigt zu besteuern sind jedoch beispielsweise die Reinigung, die Überlassung von Handtüchern und Bettwäsche oder auch die Nutzung des Fernsehers oder Zimmersafes.

An diesem sogenannten Aufteilungsgebot hat der BFH aber nach den EuGH-Urteilen „Stadion Amsterdam“ (C – 463/16) und „Finanzamt X“ (C – 516/21) Zweifel. Denn dort urteilte der EuGH, dass eine einheitliche Leistung nicht künstlich aufgeteilt werden darf.

Selbständige Hauptleistung oder unselbständige Nebenleistung

Für den BFH war es in den drei Fällen daher zunächst wichtig zu unterscheiden, ob die Hotels jeweils eine separate Hauptleistung oder eine unselbständige Nebenleistung zur Beherbergung erbracht haben. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck darstellt, sondern das Mittel, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung, sondern als eigene Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Hotelgast einzeln hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall sind Leistungen, die neben der Vermietung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten. Der BFH entschied daher in einem der Fälle bereits, dass das separat abwählbare Frühstück als eigene Hauptleistung zu beurteilen sei, die dem Regelsteuersatz unterliegt.

Was der EuGH jetzt entscheiden muss

Der EuGH muss daher lediglich über die Fälle entscheiden, in denen für Leistungen kein eigenes Entgelt berechnet wurde und die Leistungen auch nicht zu- oder abwählbar waren. Dabei kann es sich um die Überlassung von Parkplätzen, aber auch beispielsweise um Wellness-Angebote oder das Frühstück handeln. Denn nur, wenn der Gast keine Wahl hat, handelt es sich um unselbständige Nebenleistungen, für die das Aufteilungsgebot infrage kommt.

Der EuGH muss jetzt entscheiden, ob bei unselbständigen Nebenleistungen weiterhin aufgeteilt werden muss oder ob der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung überwiegt.

Hinweis:

Auch wenn der BFH zu Gunsten der Hoteliers entscheiden sollte, unterlägen Leistungen wie Parkplatz, Frühstück oder auch Wellnessangebote nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Hotelgast sie nicht einzeln buchen oder abwählen kann.

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