Gesetzgeber plant für 2024 umfangreiche Steueränderungen
Bereits vor der Sommerpause hat die Bundesregierung den Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung von Wachstums-chancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ vorgelegt. Ziel des Gesetzes ist, die Liquiditätssituation der Unternehmen zu verbessern, die Investitionstätigkeit anzukurbeln, das Steuersystem zu vereinfachen und Bürokratie abzubauen. Durch die Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen sollen vor allem kleine Betriebe entlastet werden. Die geplanten Änderungen betreffen sowohl den unternehmerischen Bereich, aber auch die Einkommensbesteuerung von Privatpersonen.
Prämie zur Förderung von Investitionen in den Klimaschutz
Steuerpflichtige mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft können für die Anschaffung oder Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die dazu beitragen, die Energieeffizienz des Unternehmens zu verbessern, eine Investitionsprämie in Höhe von 15 % erhalten. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten je Wirtschaftsgut müssen mindestens 5.000 Euro betragen. Maximal gefördert werden Investitionen von 200 Millionen Euro und es sollen im Förderzeitraum maximal vier Anträge gestellt werden können.
Anhebung des Wertes für geringwertige Wirtschaftsgüter
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für sogenannte geringwertige Wirtschaftsgüter können im Jahr der An-schaffung vollständig abgezogen werden. Geringwertige Wirtschaftsgüter sind Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis 800 Euro ohne Umsatzsteuer. Dieser Wert soll auf 1.000 Euro angehoben werden.
Neuregelung der Sammelpostenabschreibung geplant
Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr als 250 Euro aber höchstens 1.000 Euro können bisher in einen Sammelposten eingestellt werden, der über fünf Jahre mit jährlich 20 % aufzulösen ist. Unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsdauer sind damit alle Wirtschaftsgüter im Sammelposten nach fünf Jahren komplett abgeschrieben. Hier sieht der Gesetzentwurf eine Anhebung des Grenzwertes auf 5.000 Euro und eine Verkürzung der Dauer der Auflösung des Sammelpostens auf drei Jahre vor.
Bis zu 50 % Sonderabschreibung für KMU
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit einem Jahresgewinn von maximal 200.000 Euro dürfen von den Investitionskosten in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens derzeit neben der planmäßigen Absetzung für Abnutzung im Jahr der Anschaffung und den vier Folgejahren eine Sonderabschreibung in Höhe von insgesamt 20 % geltend machen. Der Abschreibungssatz soll auf 50 % erhöht werden.
Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung
Für nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Januar 2025 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens soll als konjunkturstützende Maßnahme erneut die degressive Abschreibung in Höhe des Zweieinhalbfachen der linearen AfA (maximal 25 %) möglich sein.
Degressive Abschreibung für Wohnungsneubauten geplant
Um den Wohnungsneubau zu fördern, ist die Einführung einer degressiven Abschreibung für Wohngebäude in Höhe von 6 % geplant. Voraussetzung ist, dass mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wurde. Wird ein neues Gebäude angeschafft, muss im gleichen Zeitraum der obligatorische Vertrag rechtswirksam abgeschlossen werden, wobei die Anschaffung bis Ende des Jahres der Fertigstellung zu erfolgen hat.
Anhebung der Freigrenze für Geschenke
Aufwendungen für Geschenke an Geschäftspartner dürfen momentan nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, sofern sie insgesamt je Geschäftspartner 35 Euro im Jahr übersteigen. Diese Freigrenze soll auf 50 Euro angehoben werden.
Höherer Freibetrag für Betriebsveranstaltungen
Aufwendungen für maximal zwei Betriebsveranstaltungen pro Jahr sind kein Arbeitslohn, soweit sie je Arbeitnehmer 110 Euro nicht übersteigen. Dieser Freibetrag soll auf 150 Euro angehoben werden.
Anhebung der Verpflegungspauschalen
Die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbaren Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen, Auswärtstätigkeit oder doppelter Haushaltsführung sollen angehoben werden: von 28 Euro auf 30 Euro bei 24-stündiger Abwesenheit von der Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte und von 14 Euro auf 15 Euro für An- oder Abreisetage sowie Tage mit mehr als 8-stündiger Abwesenheit von der Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte.
Anhebung der Grenze für die Ist-Besteuerung
Bisher können Unternehmen mit Umsätzen bis 600.000 Euro beantragen, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (sogenannte Ist-Besteuerung) und nicht nach vereinbarten Entgelten (sogenannte Soll-Besteuerung) zu berechnen. Diese Umsatzgrenze soll auf 800.000 Euro angehoben werden.
Durchschnittssteuersatz für Land- und Forstwirte soll nochmals sinken
Der Durchschnittssteuersatz und die Vorsteuerpauschale für Land- und Forstwirte sollen von 9 % auf 8,4 % sinken. Damit kann es im Einzelfall sinnvoll sein, zur umsatzsteuerlichen Regelbesteuerung zu optieren, wenn umfangreich investiert wird und damit ein hoher Vorsteuerabzug möglich wird.
Freigrenze für Einnahmen aus Vermietungen
Wer Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung von weniger als 1.000 Euro im Jahr erzielt, soll diese nicht mehr versteuern müssen. Sofern die damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Ausgaben jedoch die Einnahmen übersteigen, soll es möglich sein, die Besteuerung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu beantragen, sodass sich die Verluste steuerlich auswirken können.
Drei Jahre Verlustrücktrag
Wer Verluste erzielt, kann diese in die beiden vorangegangenen Jahre zurücktragen und mit den positiven Einkünften der Vorjahre saldieren. Dieser Verlustrücktrag soll auf drei Jahre erweitert werden.
Höhere Freigrenze für Spekulationsgewinne
Private Veräußerungsgewinne, z. B. aus der Veräußerung von Antiquitäten oder Immobilien, sind steuerpflichtig, sofern nicht bestimmte Haltefristen beachtet werden. Sie bleiben steuerfrei, sofern der Veräußerungsgewinn unter 600 Euro liegt. Diese Freigrenze soll auf 1.000 Euro angehoben werden.
Übergangszeitraum für nachgelagerte Besteuerung wird verlängert
Mit dem Alterseinkünftegesetz startete im Jahr 2005 der allmähliche Übergang zur nachgelagerten Besteuerung bei Renteneinkünften. Das bedeutet, dass der Anteil der steuerpflichtigen Renten sukzessive ansteigt und gleichzeitig auch der Teil der als Sonderausgaben abziehbaren Rentenversicherungsbeiträge. Anders als ursprünglich geplant sind die Rentenversicherungsbeiträge seit 2023 und damit bereits zwei Jahre früher bis zu einem Höchstbetrag komplett abziehbar. Ab 2040 sollten dann die Renten zu 100 % besteuert werden. Der Anstieg des steuerpflichtigen Rentenanteils auf 100 % sowie das Abschmelzen des Versorgungsfreibetrags für Pensionen und des Altersentlastungsbetrags bis auf 0 Euro soll nunmehr hinausgezögert werden, sodass erst ab dem Renteneintrittsjahrgang 2058, und damit 18 Jahre später, die Renten und Pensionen zu 100 % besteuert werden.
Hinweis: Was von den genannten Änderungen tatsächlich ab 2024 gilt, wird erst im Dezember fest-stehen, denn dann werden Bundestag und Bundesrat abschließend über das Gesetz entscheiden.